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Ausbildungsverhältnisse stärken! Mehr Zeit für Bildung und faire Löhne für Auszubildende

Die SPD-Bundestagsfraktion wird dazu aufgefordert sich für die Verbesserung des Beschäftigungsverhältnisses von Auszubildenden, durch die Anhebung der Mindestausbildungsvergütung (1) und der Einführung eines verpflichteten Bildungsurlaubs vor den Abschluss- und Zwischenprüfungen (2), einzusetzen.

Begründung:

Zu 1
Im Jahr 2021 verzeichnete Deutschland erneut einen Anstieg in der Zahl der unbesetzten Ausbildungsplätze auf dem Arbeitsmarkt und erreichte mit 63.176 offenen Stellen den höchsten Wert seit 1994, welcher seit 2005 stetiges Wachstum verzeichnet. Angesichts der stetigen Debatte über fehlende Fachkräfte in jeglichen Bereichen der Wirtschaft, ist ein nachhaltiges Mittel die Ausbildungsplätze attraktiver zu gestalten umso junge Arbeitnehmer*innen anzuwerben und langfristig zu binden. Eine Form dies zu ermöglichen, stellt eine erneute Anhebung der Mindestausbildungsvergütung dar. Auszubildende sind meist schon früh tief in die Unternehmensstruktur eingegliedert und haben wöchentliche Regelarbeitszeiten von 35 bis 40 Stunden. Dieses Arbeitsvolumen spiegelt sich jedoch nicht in den Ausbildungsvergütungen wider.
Die Mindestausbildungsvergütung wurde am 1. Januar 2020 eingeführt und ist seitdem im Berufsbildungsgesetz (BBiG) vorgeschrieben. Die Mindestvergütung startete mit 515€ für Berufsausbildungen, die im Jahr 2020 begonnen wurden und erhöht sich seitdem jährlich auf 550€ (2021), 585€ (2022) und 620€ (2023). Diese im Jahr 2019 kalkulierten Mindestbeträge sind angesichts der Preisentwicklungen seit Einführung nicht mehr haltbar. Die vom statistischen Bundesamt veröffentlichten Inflationsraten für das Jahr 2021 (3,1%) und für das Jahr 2022 (7,6% – Stand Juni) unterstützen diese Annahme. Mit der Anhebung des Mindestlohns auf 12€ und der Entgeltgrenze für Minijobs auf 520€ wurden schon Maßnahmen auf den Weg geleitet um Arbeiter*innen aus dem Niedriglohnsektor zu entlasten. Davon ausgeschlossen sind jedoch über eine Millionen Bürger*innen, welche sich zum aktuellen Zeitpunkt in einem Ausbildungsverhältnis befinden. Als Richtwert einer Erhöhung eignet sich der Anstieg der Entgeltgrenze von 450€ auf 520€ mit 15,6%. Wendet man dies auf die Mindestausbildungsvergütung an, würde dies einen Anstieg auf 716,72€ für Auszubildende bedeuten, die 2023 eine Ausbildung beginnen.

Zu 2
Auszubildende unterliegen hinsichtlich der Urlaubsregelung dem Bundesurlaubsgesetzt (BUrlG) oder bei nicht-volljährigen Auszubildenden dem Jugendschutzgesetz (JuSchG).
 
BUrlG §1 Urlaubsanspruch
Jeder Arbeitnehmer hat in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub.
 
Der erste Paragraph des BUrlG spricht jedem Arbeitnehmer den Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub zu. Diese Definition ist insbesondere auf die Ausbildungsstruktur in Deutschland von besonderer Relevanz. Deutschland verfügt über ein duales Ausbildungssystem, welches sich durch die Ausbildung an zwei Lernorten (Ausbildungsbetrieb und Berufsschule) klassifiziert. Diese Form der Ausbildung ist einhergehend mit schulischen Leistungen, die die Auszubildenden in ihrer Ausbildung fortlaufend absolvieren müssen und findet ihren Abschluss in der Abschlussprüfung. Die zwei wichtigsten Prüfungen sind hierbei die Zwischenprüfung (ohne Bestehen der Zwischenprüfung kann ein Auszubildender nicht für die Abschlussprüfung zugelassen werden) und die Abschlussprüfung, welche sich in einen praktischen und einen mündlichen Teil gliedert. Die Abschlussnote einer Ausbildung setzt sich hierbei nur aus den Noten der Abschlussprüfung zusammen, jedoch wird bei einer gestreckten Abschlussprüfung die Zwischenprüfung durch den ersten Teil der Abschlussprüfung ersetzt. In der Praxis bedeutet, dass für viele Auszubildenden eine 35 bis 40-Stunden-Woche mit dem Lernen für die Berufsschule unter einen Hut zu bekommen. Zusätzlich, in Phasen vor der Zwischen- und Abschlussprüfung, wird hier noch mehr Lernvolumen von den Auszubildenden verlangt, was viele Auszubildende dazu verleitet in den Wochen vor den abschlussrelevanten ihren gesetzlichen Erholungsurlaub zum Lernen aufzuwenden. Eine gute Abschlussnote als Resultat einer erfolgreichen schulischen und praktischen Bildung ist insbesondere aus Sicht der Auszubildenen von hoher Bedeutung, da sie in ihrem fortschreitenden Berufsleben als Maßstab für Bewerbungen herangezogen werden kann. Damit die Auszubildenden hier entlastet werden können, verlangt es nach der Einführung eines gesetzlichen Bildungsurlaubs vor den Zwischen- und Abschlussprüfungen. So wird sichergestellt, dass die Auszubildenden die nötige Zeit für die Vorbereitung von den Betrieben ermöglicht wird und der von den Auszubildenden beantrage Urlaub nach §1 BUrlG der Erholung gewidmet ist.